STATEMENTS

»Musik und Freund­schaft rühren an den­selben Urgrund«

»Aber durch Töne: Freund Mozart« heißt es im ­Mozartfest 2025. Was bedeutet Freundschaft? Welchen Wert hat sie? Kann Musik Freundschaft stiften? Künstler:innen und Mitwirkende des Mozartfestes schildern ihre persönlichen Gedanken und Reflexionen.

Freundschaft bezeichnet die ­vielleicht reinste Form einer zwi­schenmenschlichen Resonanz­beziehung: Hören und Antworten und sich dabei berühren und verwandeln lassen, ohne einen außerhalb liegenden Zweck zu verfolgen. Es ist kein Zufall, dass ebendies auch für die Musik gilt: Sie ist die vielleicht reinste Form einer existenziellen Resonanzbeziehung. Musik und Freundschaft sind ­seelenverwandt, sie rühren an ­denselben Urgrund.

Prof. Dr. Hartmut Rosa | Soziologe | 01.06. MozartLabor

Click here
Der britische Komponist Malcolm Arnold hat einmal gesagt: »Musik ist der soziale Akt der Kommunikation, eine Geste von Freundschaft, die stärkste, die da existiert.« Studien belegen, dass eine aktive Beschäftigung mit Musik Menschen zu mehr Empathie, Kooperation und Verständnis befähigt. Gemeinsames Erleben von Musik beeinflusst Denken, Hören und die Interpretation der musikalischen Partner. Diese Momente geben mir persönlich auf der Bühne die ­Sicherheit, dass mein Pianist mich trägt und auffängt. Es ist tiefes Verständnis, in höchster Intensität immer wieder in der Musik erlebbar. Sie holt uns – gerade in Zeiten steigender Vereinsamung – im jeweiligen Gefühlszustand ab und richtet uns in grauen Stunden auf: »Du holde Kunst, ich danke Dir dafür.«

Benjamin Appl | Bariton | 31.05. – 03.06. MozartLabor

Click here
Freundschaft passiert, wenn ­Menschen in Resonanz miteinander treten – wenn sie sich gegenseitig berühren und gemeinsam schwingen. Sie lebt von echtem Interesse, geteilten Momenten und der Fähigkeit, sich in ­Würde zu begegnen. Freundschaft ist kein starrer Zustand, sondern ein ­lebendiger Prozess des Miteinander-Schwingens.

Hanni Liang | Pianistin | 24.05.–21.06. Kuratorin des M PopUp // Raum für Resonanz

Click here
»Freund Mozart« – das klingt in Zeiten Sozialer Medien so, als sei der Komponist auf Facebook oder Instagram zu finden und trete dort wie ein Influencer auf. Gingen seine Melodien schon zu Lebzeiten als Ohrwürmer und Gassenhauer viral, hätte er heute also wohl einen der followerstärksten Accounts. Aber sind Follower nicht eher Fans als Freunde? Sie suchen eine Community Gleichgesinnter und wollen ihrem Idol nahe sein. Allerdings sind sie auch bereit, ihm in schweren Zeiten beizustehen. Und dann werden sie doch zu Freunden: wie einst bei Schiller, dem Fans nach seiner Flucht aus Mannheim halfen, sodass er seine später berühmte Ode zuerst mit den Worten »Freunde, schöner Götterfunke« begann.

Dr. Wolfgang Ullrich | Kulturwissenschaftler | 17.06. Allzeit ... für aller Gattung leute

Click here
Sind Künstler freundschaftsfähig? Bin ich freundschaftsfähig? Jedenfalls bringt mir das Motto des Mozartfestes mein kurzes Dasein als ›Rotarischer Freund‹ ins Gedächtnis zurück und lässt mich über diese Zeit ironisch schmunzeln, in der die Freundschaft schon ins Wanken kam, weil man nicht regelmäßig die wöchentliche Sitzung besuchen wollte. Ein Freund sei eine Person, die ohne weitere Nachfrage ihren Pass und 5000 Euro zur Verfügung stellt, weil man dringend verschwinden müsse. Ich glaube, Kurt Tucholsky hat, mit gutem Grund und anderen Zahlen, diese Auffassung vertreten ... Es könnte sein, dass wir uns solchen Notwendigkeiten wieder nähern. Noch aber dürfen wir uns sicher fühlen und ruhig auf den »wahren besten Freund des Menschen« warten – auf den Tod, wie es uns Mozart erzählt ...

Manfred Trojahn | Komponist im Porträt 2025

Click here
Dank der Fähigkeit, die Tiefe der klassischen Musik zu erleben und zu genießen, ist man im Leben nie wirklich einsam. Trotz zunehmend schnellerer Kommunikations­methoden führen mehr und mehr Menschen ein isoliertes Leben. Unsere gemeinsame Erfahrung beim Genuss einer großartigen Mozart-Sinfonie oder -Oper bringt uns als Menschen aber einander näher und gibt uns Einblick in das Geheimnis und die göttliche Natur unserer Existenz. Die Partitur einer erhabenen Komposition wie eines der Mozart-Klavierkonzerte zu ergründen, ist vergleichbar dem Besitz eines Meisterwerks von Rembrandt oder van Dyck: Wir dürfen das Wunder und Können seines Schöpfers spüren, die Schönheit und Gestalt wieder und wieder auskosten.

Ivor Bolton | Dirigent | 31.05. hr-Sinfonieorchester

Click here
Nur wenige Komponisten haben in dem Maße Hausmusik im Kreise der Familie praktiziert wie Mozart. Für ihn begann die Musik als eine spielerische Tätigkeit, die es ihm ermöglichte, mit seinem Umfeld in Kontakt zu treten. Sehr bald reiste er dank der Musik durch ganz Europa, lernte sehr unterschiedliche Menschen, Kulturen und Gesellschaften kennen, die ihn prägten. Bei Mozart bedeutete Musik daher immer auch Begegnung, eine Auseinandersetzung mit dem Anderssein. Seine feine Analyse der menschlichen Psyche – die wir in seinen Opernfiguren bis hin zu seiner Kammermusik finden – rührt daher. Wir nehmen diese unmittelbare und immer ›in Beziehung‹ stehende Art des Musizierens instinktiv und selbstverständlich wahr. Bevor wir ein professionelles Quartett wurden, musizierten wir selbst im häuslichen Kreis und auf Familienfeiern. Musik war für uns immer ein Mittel, Verbindungen herzustellen – und in dieser Hinsicht fühlen wir uns Mozart nahe.

Quatuor Tchalik | Streichquartett | 12.06. Serenade Himmelspforten

Click here
Beim Thema Freundschaft gehen mir viele Gedanken durch den Kopf. Etwa zur Digitalisierung: Natürlich unterstützt sie unsere Arbeit. Aber wir schauen über Facebook, Instagram und Co., was andere in New York und auf den Philippinen machen, und interessieren uns nicht dafür, wie der Nachbar über die Runden kommt. Menschen müssen mehr zusammenkommen. Ein Café, ein Glas Wein, ein gutes Essen, Musik: Das bringt Menschen zusammen. Es braucht gute Anlässe, um mit Leuten in Kontakt zu kommen. Das Mozartfest ist für mich wie ein Familientreffen. Ein Ort, an dem sich Menschen ganz ohne Unterschiede begegnen. Jung wie Alt. Musik ist eine ständige Begleiterin – egal ob in Glück, Trauer oder Euphorie. Wasser, Erde, Luft und Feuer sind die vier notwendigen Elemente. Doch möchte ich hinzufügen: Ohne den Geist hätte nichts Bedeutung. Er ist für mich das fünfte Element. Und das sechste ist: Musik.

Davide Scarpa | Café »La Vita è Bella«

Click here
Ein Festival als Ort der Freundschaft – was für eine schöne, wichtige Idee! So oft ist im Moment von Spaltung die Rede, von Auseinanderdriften und Abschottung. Menschen (wieder neu) zusammenzubringen, ist eine der großen Herausforderungen und Aufgaben unserer Zeit. Dafür brauchen wir Orte, Anlässe, Räume. Sich in Tönen zu treffen, sich wortlos zu verstehen, sich gemeinsam in Klänge fallen und von Emotionen tragen zu lassen, darüber in den Austausch miteinander zu kommen, gemeinsam Zeit zu verbringen, Teil einer großen Festivalfamilie zu sein: Ich bin dankbar, dass das Mozartfest all dies ermöglicht, und freue mich auf alle freundschaftlichen Begegnungen!

Clara Blessing | Oboistin | 15.06. Unter Freunden

Click here
Freund Mozart? Ich als Klarinettistin denke sofort an die Freundschaft zwischen Wolfgang Amadé Mozart und dem außergewöhnlichen Klarinettisten Anton Stadler. Stadler war für Mozart in dessen sieben letzten Lebensjahren einer der treuesten Freunde. Es muss ein Gleichklang vom ersten Ton an gewesen sein. Und schon dieser ›erste Ton‹ war sehr besonders: Um die Bekanntschaft mit dem Komponisten zu machen, spielte Stadler mit seinem Bläserensemble spätabends vor Mozarts Schlafzimmerfenster die Serenade Es-Dur KV 375. Freundschaft beruht auf Wertschätzung, auf Offenheit, auf Vertrauen und auf gegenseitigem Zuhören. Über die Zeit kann sie sich immer weiter vertiefen. Nur durch diese intensive Freundschaft konnte Mozart Stadlers Seele und die Seele der Klarinette so begreifen, dass die einmaligen Werke wie das Klarinettenquintett oder das Bassettklarinettenkonzert entstehen konnten. Seien wir dankbar für diese Freundschaft und bauen wir auch weiterhin darauf, dass die menschliche Gemeinschaft nicht nur im Oberflächlichen verharrt.

Sabine Meyer | Klarinettistin | 07.06. Nacht der Kammermusik

Click here
Freunde hat man einige – manchmal ohne es zu wissen. Man geht an ihnen vorüber, lebt jahrelang nebenan. Aber die, die man nur mal zufällig gesprochen hat, würde man nie auf ein Fest einladen. Ich habe immer viel über Freundschaft nachgedacht. Zu viel, zu lange, zu streng. Aber dann kam der Tag, an dem aus dem Nichts jemand an meine Tür klopfte und sagte: »Du, ich kann dir helfen, ich habe Zeit und es ist kein Problem. Wollen wir ...?« Freunde rufen nicht an, sie klopfen an deine Tür. Das habe ich in meinen schwierigsten Momenten erleben dürfen. Und am meisten überrascht hat mich: Es waren Menschen, die ich kaum kannte. Freunde hat man. Sie kommen, weil sie es können. Meine Erkenntnis: ›Pflege‹ keine Freundschaften mehr und denke nicht mehr darüber nach, was ein ›guter‹ Freund ist! Gehe zur Tür und klopfe! Klopfe einfach …

Marco Borggreve | Fotograf | 31.05.–03.06. MozartLabor

Click here
Freundschaft, die intensivste Beziehung zwischen Menschen jenseits der Liebe. Oder ist sie auch eine Form der Liebe? Freundschaft zu schenken, ohne etwas zurückzuerwarten. Und wie glücklich ist der, der Freundschaft zurückgeschenkt bekommt, wem also der große Wurf gelingt. Eine Konstellation, die Position bestimmt im ewigen Universum der unendlichen menschlichen Beziehungen und der großen Bewegungen unseres Umfeldes, der Gesellschaft durch die Zeit. Raum der Vertrautheit und Geborgenheit. Als Quelle der Bestätigung und der Weiterentwicklung, des Spiegelns und der Inspiration. Welch schöneren Anker im Leben gibt es als die Freundschaft!

Christian Schuchardt | Oberbürgermeister der Stadt Würzburg

Click here
Freundschaft bezeichnet die ­vielleicht reinste Form einer zwi­schenmenschlichen Resonanz­beziehung: Hören und Antworten und sich dabei berühren und verwandeln lassen, ohne einen außerhalb liegenden Zweck zu verfolgen. Es ist kein Zufall, dass ebendies auch für die Musik gilt: Sie ist die vielleicht reinste Form einer existenziellen Resonanzbeziehung. Musik und Freundschaft sind ­seelenverwandt, sie rühren an ­denselben Urgrund.

Prof. Dr. Hartmut Rosa | Soziologe | 01.06. MozartLabor

Der britische Komponist Malcolm Arnold hat einmal gesagt: »Musik ist der soziale Akt der Kommunikation, eine Geste von Freundschaft, die stärkste, die da existiert.« Studien belegen, dass eine aktive Beschäftigung mit Musik Menschen zu mehr Empathie, Kooperation und Verständnis befähigt. Gemeinsames Erleben von Musik beeinflusst Denken, Hören und die Interpretation der musikalischen Partner. Diese Momente geben mir persönlich auf der Bühne die ­Sicherheit, dass mein Pianist mich trägt und auffängt. Es ist tiefes Verständnis, in höchster Intensität immer wieder in der Musik erlebbar. Sie holt uns – gerade in Zeiten steigender Vereinsamung – im jeweiligen Gefühlszustand ab und richtet uns in grauen Stunden auf: »Du holde Kunst, ich danke Dir dafür.«

Benjamin Appl | Bariton| 31.05. – 03.06. MozartLabor

Freunde hat man einige – manchmal ohne es zu wissen. Man geht an ihnen vorüber, lebt jahrelang nebenan. Aber die, die man nur mal zufällig gesprochen hat, würde man nie auf ein Fest einladen. Ich habe immer viel über Freundschaft nachgedacht. Zu viel, zu lange, zu streng. Aber dann kam der Tag, an dem aus dem Nichts jemand an meine Tür klopfte und sagte: »Du, ich kann dir helfen, ich habe Zeit und es ist kein Problem. Wollen wir ...?« Freunde rufen nicht an, sie klopfen an deine Tür. Das habe ich in meinen schwierigsten Momenten erleben dürfen. Und am meisten überrascht hat mich: Es waren Menschen, die ich kaum kannte. Freunde hat man. Sie kommen, weil sie es können. Meine Erkenntnis: ›Pflege‹ keine Freundschaften mehr und denke nicht mehr darüber nach, was ein ›guter‹ Freund ist! Gehe zur Tür und klopfe! Klopfe einfach …

Marco Borggreve | Fotograf | 31.05.–03.06. MozartLabor

Freund Mozart? Ich als Klarinettistin denke sofort an die Freundschaft zwischen Wolfgang Amadé Mozart und dem außergewöhnlichen Klarinettisten Anton Stadler. Stadler war für Mozart in dessen sieben letzten Lebensjahren einer der treuesten Freunde. Es muss ein Gleichklang vom ersten Ton an gewesen sein. Und schon dieser ›erste Ton‹ war sehr besonders: Um die Bekanntschaft mit dem Komponisten zu machen, spielte Stadler mit seinem Bläserensemble spätabends vor Mozarts Schlafzimmerfenster die Serenade Es-Dur KV 375. Freundschaft beruht auf Wertschätzung, auf Offenheit, auf Vertrauen und auf gegenseitigem Zuhören. Über die Zeit kann sie sich immer weiter vertiefen. Nur durch diese intensive Freundschaft konnte Mozart Stadlers Seele und die Seele der Klarinette so begreifen, dass die einmaligen Werke wie das Klarinettenquintett oder das Bassettklarinettenkonzert entstehen konnten. Seien wir dankbar für diese Freundschaft und bauen wir auch weiterhin darauf, dass die menschliche Gemeinschaft nicht nur im Oberflächlichen verharrt. Sabine Meyer | Klarinettistin | 07.06. Nacht der Kammermusik

Freundschaft passiert, wenn ­Menschen in Resonanz miteinander treten – wenn sie sich gegenseitig berühren und gemeinsam schwingen. Sie lebt von echtem Interesse, geteilten Momenten und der Fähigkeit, sich in ­Würde zu begegnen. Freundschaft ist kein starrer Zustand, sondern ein ­lebendiger Prozess des Miteinander-Schwingens.

Hanni Liang | Pianistin | 24.05.–21.06. Kuratorin des M PopUp // Raum für Resonanz

Sind Künstler freundschaftsfähig? Bin ich freundschaftsfähig? Jedenfalls bringt mir das Motto des Mozartfestes mein kurzes Dasein als ›Rotarischer Freund‹ ins Gedächtnis zurück und lässt mich über diese Zeit ironisch schmunzeln, in der die Freundschaft schon ins Wanken kam, weil man nicht regelmäßig die wöchentliche Sitzung besuchen wollte. Ein Freund sei eine Person, die ohne weitere Nachfrage ihren Pass und 5000 Euro zur Verfügung stellt, weil man dringend verschwinden müsse. Ich glaube, Kurt Tucholsky hat, mit gutem Grund und anderen Zahlen, diese Auffassung vertreten ... Es könnte sein, dass wir uns solchen Notwendigkeiten wieder nähern. Noch aber dürfen wir uns sicher fühlen und ruhig auf den »wahren besten Freund des Menschen« warten – auf den Tod, wie es uns Mozart erzählt ... Manfred Trojahn | Komponist im Porträt 2025

Dank der Fähigkeit, die Tiefe der klassischen Musik zu erleben und zu genießen, ist man im Leben nie wirklich einsam. Trotz zunehmend schnellerer Kommunikations­methoden führen mehr und mehr Menschen ein isoliertes Leben. Unsere gemeinsame Erfahrung beim Genuss einer großartigen Mozart-Sinfonie oder -Oper bringt uns als Menschen aber einander näher und gibt uns Einblick in das Geheimnis und die göttliche Natur unserer Existenz. Die Partitur einer erhabenen Komposition wie eines der Mozart-Klavierkonzerte zu ergründen, ist vergleichbar dem Besitz eines Meisterwerks von Rembrandt oder van Dyck: Wir dürfen das Wunder und Können seines Schöpfers spüren, die Schönheit und Gestalt wieder und wieder auskosten. Ivor Bolton | Dirigent | 31.05. hr-Sinfonieorchester

Freundschaft, die intensivste Beziehung zwischen Menschen jenseits der Liebe. Oder ist sie auch eine Form der Liebe? Freundschaft zu schenken, ohne etwas zurückzuerwarten. Und wie glücklich ist der, der Freundschaft zurückgeschenkt bekommt, wem also der große Wurf gelingt. Eine Konstellation, die Position bestimmt im ewigen Universum der unendlichen menschlichen Beziehungen und der großen Bewegungen unseres Umfeldes, der Gesellschaft durch die Zeit. Raum der Vertrautheit und Geborgenheit. Als Quelle der Bestätigung und der Weiterentwicklung, des Spiegelns und der Inspiration. Welch schöneren Anker im Leben gibt es als die Freundschaft!

Christian Schuchardt | Oberbürgermeister der Stadt Würzburg

»Freund Mozart« – das klingt in Zeiten Sozialer Medien so, als sei der Komponist auf Facebook oder Instagram zu finden und trete dort wie ein Influencer auf. Gingen seine Melodien schon zu Lebzeiten als Ohrwürmer und Gassenhauer viral, hätte er heute also wohl einen der followerstärksten Accounts. Aber sind Follower nicht eher Fans als Freunde? Sie suchen eine Community Gleichgesinnter und wollen ihrem Idol nahe sein. Allerdings sind sie auch bereit, ihm in schweren Zeiten beizustehen. Und dann werden sie doch zu Freunden: wie einst bei Schiller, dem Fans nach seiner Flucht aus Mannheim halfen, sodass er seine später berühmte Ode zuerst mit den Worten »Freunde, schöner Götterfunke« begann.

Dr. Wolfgang Ullrich | Kulturwissenschaftler | 17.06. Allzeit ... für aller Gattung leute

Nur wenige Komponisten haben in dem Maße Hausmusik im Kreise der Familie praktiziert wie Mozart. Für ihn begann die Musik als eine spielerische Tätigkeit, die es ihm ermöglichte, mit seinem Umfeld in Kontakt zu treten. Sehr bald reiste er dank der Musik durch ganz Europa, lernte sehr unterschiedliche Menschen, Kulturen und Gesellschaften kennen, die ihn prägten. Bei Mozart bedeutete Musik daher immer auch Begegnung, eine Auseinandersetzung mit dem Anderssein. Seine feine Analyse der menschlichen Psyche – die wir in seinen Opernfiguren bis hin zu seiner Kammermusik finden – rührt daher. Wir nehmen diese unmittelbare und immer ›in Beziehung‹ stehende Art des Musizierens instinktiv und selbstverständlich wahr. Bevor wir ein professionelles Quartett wurden, musizierten wir selbst im häuslichen Kreis und auf Familienfeiern. Musik war für uns immer ein Mittel, Verbindungen herzustellen – und in dieser Hinsicht fühlen wir uns Mozart nahe. Quatuor Tchalik | Streichquartett | 12.06. Serenade Himmelspforten

Beim Thema Freundschaft gehen mir viele Gedanken durch den Kopf. Etwa zur Digitalisierung: Natürlich unterstützt sie unsere Arbeit. Aber wir schauen über Facebook, Instagram und Co., was andere in New York und auf den Philippinen machen, und interessieren uns nicht dafür, wie der Nachbar über die Runden kommt. Menschen müssen mehr zusammenkommen. Ein Café, ein Glas Wein, ein gutes Essen, Musik: Das bringt Menschen zusammen. Es braucht gute Anlässe, um mit Leuten in Kontakt zu kommen. Das Mozartfest ist für mich wie ein Familientreffen. Ein Ort, an dem sich Menschen ganz ohne Unterschiede begegnen. Jung wie Alt. Musik ist eine ständige Begleiterin – egal ob in Glück, Trauer oder Euphorie. Wasser, Erde, Luft und Feuer sind die vier notwendigen Elemente. Doch möchte ich hinzufügen: Ohne den Geist hätte nichts Bedeutung. Er ist für mich das fünfte Element. Und das sechste ist: Musik. Davide Scarpa | Café »La Vita è Bella«

Ein Festival als Ort der Freundschaft – was für eine schöne, wichtige Idee! So oft ist im Moment von Spaltung die Rede, von Auseinanderdriften und Abschottung. Menschen (wieder neu) zusammenzubringen, ist eine der großen Herausforderungen und Aufgaben unserer Zeit. Dafür brauchen wir Orte, Anlässe, Räume. Sich in Tönen zu treffen, sich wortlos zu verstehen, sich gemeinsam in Klänge fallen und von Emotionen tragen zu lassen, darüber in den Austausch miteinander zu kommen, gemeinsam Zeit zu verbringen, Teil einer großen Festivalfamilie zu sein: Ich bin dankbar, dass das Mozartfest all dies ermöglicht, und freue mich auf alle freundschaftlichen Begegnungen!

Clara Blessing | Oboistin | 15.06. Unter Freunden

Zur vorherigen Seite
Datenschutzerklärung
Cookie-Einstellungen ändern
Zur nächsten Seite